Die Menschheit muss in den nächsten Jahren zahlreiche Probleme lösen, wenn sie den Lebensstandard der Industrieländer halten und gleichzeitig Entwicklungsländern eine Chance geben will, diesen Lebensstandard zu erreichen. Dazu gehört nicht nur der Klimaschutz als Mammutaufgabe, auch die Lösung der Ernährungsproblematik für eine wachsende Weltbevölkerung steht auf der Agenda. Natürlich müssen auch neue und alte medizinische Herausforderungen gelöst werden.
Dazu gehört der Schutz vor Keimen, die mit Antibiotika nicht mehr angreifbar sind, sich also eine Multiresistenz zugelegt haben. Gelingt es der Forschung nicht, in absehbarer Zeit den zunehmenden Wirkungsverlust von Antibiotika gegen solche Krankheitserreger zu überwinden, werden die Menschen zukünftig wieder wie vor 100 Jahren an banalen Infekten sterben. Und das, so könnte man formulieren, wohlgenährt bei bestem Klima.
Neue Antibiotika erforschen und vorhandene vor Wirkungsverlust schützen
Wir müssen uns bewusst sein, dass Erforschung und Erhalt von wirksamen Antibiotika eine der Kernaufgaben von Medizinern, Mikrobiologen und Infektiologen in diesem Jahrzehnt ist, damit Lebensstandard und Gesundheit der Weltbevölkerung gesichert werden können. Mindestens so wichtig wie die Entwicklung neuer Antibiotika mit innovativen Wirkansätzen zur Bekämpfung von Multiresistenzen, ist der Erhalt der Wirksamkeit bereits zur Behandlung von Infektionen eingesetzter Antibiotika. Letztgenanntes kann durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden.
An erster Stelle steht dabei der Versuch, den weltweiten Verbrauch von Antibiotika auf das notwendige Maß zu reduzieren. Hintergrund dieser Maßnahme ist die Erkenntnis, dass viele Resistenzen auf den unsachgemäßen Einsatz der Antibiotika bei viralen Infektionen, bei selbstheilenden Infektionen, in der Tiermast und durch falsche Dosierungen und Anwendungszeiten verursacht werden. Allein mit dieser Maßnahme, so sind sich die Infektiologen sicher, kann die Bildung von Resistenzen deutlich reduziert werden.
Vollständig verhindern lassen sie sich damit jedoch nicht. Eine weitere Möglichkeit die Antibiotika-Wirksamkeit zu sichern, ist sie zusammen mit Wirkverstärkern anzuwenden. Dieses Prinzip der Wirkverstärker wird schon seit vielen Jahren bei einigen Penicillinen erfolgreich angewandt. Mit den Wirkverstärkern werden bakterielle Enzyme gehemmt, die das angreifende Penicillin ohne sie inaktivieren würden. Aktuell sind Forscherteams auf der Suche nach neuartigen Wirkverstärkern, die neben den Penicillinen auch die Wirksamkeit anderer Antibiotikagruppen erhalten sollen.
Fündig sind sie beim grünen Tee geworden, dessen Inhaltsstoffe unerwartet Hilfe bringen könnten. Schon vor einigen Jahren haben Wissenschaftler aus Ägypten beobachtet, das mit geringen Mengen grünen Tees die Wirkung von Antibiotika verstärkt werden kann. Jetzt konnten deutsche und britische Infektiologen in einer gemeinsamen Studie einen Inhaltsstoff des grünen Tees, es handelt sich um ein Antioxidans mit der Bezeichnung EGCG, identifizieren, der für die Wirkverstärkung von Antibiotika verantwortlich ist. Mehr noch: Konnten sie doch mit einem EGCG enthaltenden Extrakt aus grünem Tee, die Aktivität eines Krankenhausantibiotikums gegen einen resistenten Erreger von lebensbedrohlichen Lungeninfektionen wiederherstellen.
Damit war es erstmalig gelungen, im Experiment die Resistenz eines Keimes gegen ein Antibiotikum mit einem Extrakt aus grünem Tee zu überwinden. Gelingt das auch in der klinischen Anwendung? Soweit sind die Forscher noch nicht. In einer ersten klinischen Studie bei Frauen mit Blasenentzündungen, haben Ärzte aus dem Iran zeigen können, dass die Wirkung eines klassischen Harnwegsantibiotikums durch die zusätzliche Verabreichung von Kapseln mit grünem Tee Extrakt verstärkt werden kann. Grundsätzlich scheint die Idee vom Wirkverstärker aus grünem Tee also in der klinischen Anwendung zu funktionieren.
Fazit:
Es ist dringend notwendig, die Wirksamkeit von Antibiotika zu erhalten. Eine Möglichkeit bieten natürliche Wirkverstärker für Antibiotika, mit denen die Empfindlichkeit resistenter Erreger gegen einzelne Antibiotika wiederhergestellt werden kann. Das in grünem Tee vorkommende Antioxidans EGCG hat das Potenzial Antibiotikaresistenzen gefährlicher Krankheitserreger zu überwinden.
Quelle: Betts JW, et al. J Med Microbiol. 2019 Oct;68(10):1552-1559. doi: 10.1099/jmm.0.001060.
Kheirabadi Z, et al. Complement Ther Clin Pract. 2019 Feb;34:13-16. doi: 10.1016/j.ctcp.2018.10.018. Epub 2018 Oct 30. PMID: 30712716